Quelle: wanderverband.de
Kassel, 20. Oktober 2023
Urteil zu Unfall auf Harzer-Hexen-Stieg rechtskräftig
„Auf eigene Gefahr“ – auch auf beworbenen Wanderwegen
Der Bundesgerichtshof hat eine Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des sogenannten „Harzer-Hexen-Stieg-Urteils“ des Oberlandesgericht Naumburg zurückgewiesen (V1 ZR357 / 21). Damit ist das Urteil jetzt rechtskräftig: Einem Kläger, der während einer Wanderung auf dem Harzer-Hexen-Stieg im Jahr 2018 von einem umstürzenden Baum erfasst und schwer verletzt wurde, steht kein Schadensersatz zu.
Das Urteil zeigt, dass touristisch beworbene Wanderwege wie die „Qualitätswege Wanderbares Deutschland“ juristisch ebenso behandelt werden wie andere Wanderwege.
„Der Waldbesucher, der auf eigene Gefahr Waldwege betritt, kann grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift. Risiken, die ein freies Bewegen in der Natur mit sich bringt, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko.“
(Landgericht Magdeburg, 4.3.2020, Az.: 10 O 701/19)
Das Oberlandesgericht Naumburg hatte Mitte Dezember 2020 bereits ein entsprechendes Urteil des Landgericht Magdeburg bestätigt. Dem Kläger stehe kein Schadensersatz zu, da sich eine „waldtypische“ Gefahr verwirklicht habe, für die die Stadt auch auf Wanderwegen nicht hafte (Az.: 2 U 66/20).
Der Kläger hatte von der Stadt Thale mindestens 200.000 Euro Schmerzensgeld verlangt. Nach seinen Angaben wurde er auf dem touristisch beworbenen Harzer-Hexen-Stieg von einem herabstürzenden, abgestorbenen Baum schwer verletzt. Der Unfall ereignete sich auf einem Waldgrundstück der Stadt Thale.
Er war der Auffassung, die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, da der Baum bei einer Baumschau hätte erkannt und gefällt werden müssen.
Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht. Es verwies auf die geltenden Regelungen im Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt (§ 4 und § 22 LWaldG LSA) sowie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VI ZR 311/11).
Auch das OLG Naumburg bestätigte diese Auffassung im Dezember 2020. Die vom Kläger beim Bundesgerichtshof eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde wurde am 21. September 2023 abgelehnt – das Urteil ist damit rechtskräftig.
Der Deutsche Wanderverband bedauert derartige Unfälle ausdrücklich, begrüßt die Entscheidung aber. Sie gebe den Mitgliedsorganisationen rechtliche Sicherheit in der täglichen Arbeit und betone die Bedeutung eigenverantwortlichen Handelns.
Außerdem zeige das Urteil, dass zertifizierte Wege wie der „Harzer-Hexen-Stieg“ juristisch nicht anders behandelt werden als andere Wanderwege. Es entstehe dadurch keine erhöhte Haftung für Eigentümer:innen oder Verbände.